In der Nutztierhaltung, wie auch in der Humanmedizin, kann nicht vollständig auf den Einsatz von Arzneimitteln verzichtet werden. Nach Anwendung am Tier können jedoch Rückstände von Arzneimitteln u.a. in Fleisch, Milch und Eiern verbleiben. Deshalb sind bei Lebensmittel liefernden Tieren nach der Anwendung von Arzneimitteln Wartezeiten einzuhalten, bevor von diesen Tieren Lebensmittel gewonnen werden dürfen. In dieser Zeit wird der Arzneistoff abgebaut und soweit ausgeschieden, dass nur noch eine für die menschliche Gesundheit unbedenkliche Konzentration in dem vom Tier gewonnenen Lebensmittel vorhanden ist.
Ein absolutes Anwendungsverbot gilt dagegen für pharmakologisch wirksame Stoffe, die missbräuchlich z.B. zur Beschleunigung der Gewichtszunahme eingesetzt werden könnten. Zu diesen sog. illegalen Masthilfsmitteln zählen beispielsweise Hormone.

Um die Verbraucher zu schützen, werden tierische Lebensmittel regelmäßig auf Rückstände zugelassener Arzneimittel und verbotener Stoffe geprüft. Zusätzlich werden Futtermittel, Blut- und Urinproben der Nutztiere auf Stoffe mit Anwendungsverbot untersucht.

Höchstmengen und Anwendungsverbote sind europaweit einheitlich gesetzlich geregelt.

Der Nationale Rückstandskontrollplan

Seit 1989 besteht der Nationale Rückstandskontrollplan (NRKP), ein Programm zur Überwachung von tierischen Lebensmitteln auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe. In allen EU-Ländern gibt es vergleichbare Programme. Der NRKP für Deutschland wird jährlich vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erstellt.
Untersucht werden Lebensmittel wie Fleisch, Milch, Eier und Honig, aber auch Organe, in denen sich die Substanzen anreichern, wie Niere und Leber, sowie tierische Exkremente, Blut und Futtermittel inkl. Tränkwasser. Die Probenahme erfolgt größtenteils am Schlachthof. Die Anzahl der zu untersuchenden Proben richtet sich dabei nach den Schlachtzahlen des Vorjahres. Ein Teil der Proben wird auch beim Erzeuger, dem Landwirt, entnommen. Hier richtet sich die Anzahl der Proben nach der Produktionsmenge oder den Tierbestandszahlen des Vorjahres. In Deutschland sind etwa die Hälfte der untersuchten Tiere Schweine; gefolgt von Rindern, Geflügel, Schafen und Fischen aus Aquakultur. Darüber hinaus werden auch Ziegen, Zuchtwild, Kaninchen, Pferde und Insekten beprobt.

Die Kontrollplan-Proben werden risikobasiert entnommen. Potentiell verdächtig sind Tiere, deren Erscheinung nicht rasse-, geschlechts- und/oder alterstypisch ist oder Bestände, die in der Vergangenheit bereits aufgrund positiver Befunde auffällig geworden sind.
Seit 2023 gibt es zusätzlich einen randomisierten Überwachungsplan mit einer Probenahme nach dem Zufallsprinzip und Untersuchung eines breiten Stoffspektrums. Hiermit sollen neue Risiken erkannt und das durchschnittliche Verbraucherrisiko abgebildet werden.

Insgesamt werden jährlich etwa 9.250 NRKP-Proben in ganz NRW untersucht, davon ca. 4.700 Proben im CVUA-MEL. Das Untersuchungsspektrum umfasst u.a. die nicht zugelassenen oder verbotenen Tierarzneimittel-Gruppen der Stilbene, Thyreostatika, Steroide und β-Agonisten sowie die größtenteils mit Höchstmengen belegten, zugelassenen Antibiotika aus der Gruppe der Aminoglykoside, β-Lactamantibiotika, Makrolide und Sulfonamide.
Darüber hinaus werden am Schlachthof stichprobenweise bei mind. 2 % aller Kälber und 0,5 % aller sonstigen Huftiere Proben von Niere und Muskulatur zur Untersuchung auf Hemmstoffe entnommen. Für den Regierungsbezirk Münster sind dies zusätzlich etwa 45.000 Proben pro Jahr.

Analytik

Zahlreiche Proben werden zunächst mit Hilfe von Screeningmethoden untersucht. Dies hat den Vorteil, dass viele Proben in kurzer Zeit und mit relativ geringem Aufwand getestet werden können. Ein Screeningverfahren stellt beispielsweise der sogenannte Drei-Platten-Hemmstofftest dar: Hierbei wird bei drei verschiedenen pH-Werten je ein Stück Niere auf eine Agarplatte mit dem dicht und schnell wachsenden Bakterium Bacillus subtilis gelegt und diese bebrütet. Enthält die Probe Antibiotikarückstände, wird das Bakterienwachstum gehemmt.
Proben, bei denen das Screening auf Rückstände von Tierarzneimitteln hinweist, werden mit Bestätigungsmethoden weiter untersucht, um das Ergebnis qualitativ und quantitativ abzusichern. Mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie gekoppelt mit Tandem-Massenspektrometrie (kurz: LC-MS/MS) können Tierarzneimittel auch im Spurenbereich sicher nachgewiesen werden. Für den Nachweis reicht ein milliardstel Gramm (entsprechend einem Nanogramm) eines Wirkstoffs in einem Gramm Probe aus. Dieses Mengenverhältnis ist vergleichbar dem Flächenverhältnis zwischen einem Stecknadelkopf und einem Fußballfeld.