Grundlagen und Begriffe

Unter Radioaktivität versteht man die Eigenschaft instabiler Atomkerne, sich ohne äußere Einwirkung direkt oder in mehreren Schritten in einen stabilen Endzustand umzuwandeln. Dabei wird energiereiche Strahlung in Form von Materieteilchen (z.B. Alpha- oder Betastrahlung) und/oder Photonen (= Gammastrahlung) freigesetzt. Trifft diese Strahlung auf Materie, können Ionen erzeugt werden. Daher wird sie als ionisierende Strahlung bezeichnet. Atome mit instabilen Kernen werden Radionuklide genannt. Die Zeitspanne, in der die Hälfte der Atomkerne eines radioaktiven Stoffes zerfällt, bezeichnet man als Halbwertszeit (T1/2). Sie kann wenige Sekundenbruchteile bis mehrere Milliarden Jahre betragen. Radioaktivität wird in Bequerel (Bq) angegeben. 1 Bq entspricht einem (Atomkern-) Zerfall pro Sekunde. In der Umwelt kommen sowohl natürliche als auch künstliche Radionuklide vor. Natürliche und künstliche Radioaktivität unterscheiden sich zwar durch ihren Ursprung, nicht aber in der Art ihrer Wirkung.

Natürliche Radioaktivität

Natürliche Radioaktivität existiert unabhängig vom Menschen und ist seit Anbeginn der Erde in der Umwelt vorhanden. Beispiele hierfür sind Kalium-40 (T1/2 = 1,3 Milliarden Jahre) und Uran-238 (T1/2 = 4,5 Milliarden Jahre). Andere natürliche Radionuklide wie Kohlenstoff-14 (T1/2 = 5700 Jahre), Tritium  (T1/2 = 12,3 Jahre) oder Radon (T1/2 = 3,4 Tage) werden durch die Reaktion von Atomkernen mit kosmischer Strahlung in den oberen Schichten der Erdatmosphäre ständig neu gebildet oder sind Teil der natürlichen Zerfallsreihe anderer Nuklide (gasförmiges Radon entsteht beim Zerfall von Uran).

Die zwei Seiten des Radons

Das natürlich vorkommende gasförmige Radon, welches in unterirdischen Stollen in uranreichen Gebieten Deutschlands in höheren Konzentrationen vorkommt, wird seit über hundert Jahren von Kurbetrieben zur Linderung chronischer Schmerzen genutzt. Die Patienten atmen das Radon in unterirdischen Stollen mit der Luft über eine kurze Zeit zur Schmerzlinderung wiederholt ein. Forschungsergebnisse aus neuer Zeit deuten auf diesbezüglich positive Effekte hin.

Andere Forschungsergebnisse zeigen jedoch eindeutige Hinweise auf einen Anstieg des Lungenkrebsrisikos in Abhängigkeit von der Höhe der Radonkonzentration in Gebäuden. Das Radon dringt aus dem natürlicherweise uranhaltigen Boden über Undichtigkeiten der Bodenplatten und Kellerwände in Häuser ein, in denen Menschen z.T. ein Leben lang wohnen oder arbeiten. Häuser in betroffenen Gebieten werden heutzutage durch staatlich geförderte bauliche Maßnahmen vor eindringendem Radon weitestgehend geschützt. Aus Gründen des Gesundheitsschutzes ist 2017 im Strahlenschutzgesetzes ein über das Jahr gemittelter Referenzwert für die Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Luft von 300 Bq pro Kubikmeter für Aufenthaltsräume festgelegt worden.

Die zwei Seiten des Radons sind einmal mehr ein Beleg für die Überzeugung des Paracelsus (Theophrastus Bombast von Hohenheim; 1493 bis 1541), der da sagte: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“

Künstliche Radioaktivität

Künstliche Radionuklide entstehen durch vom Menschen verursachte Kernreaktionen. Beispiele hierfür sind Plutonium-239 und Strontium-90. Das Vorkommen künstlicher Radionuklide in der Umwelt ist vor allem durch die oberirdischen Atomwaffenversuche der 1950er und 1960er Jahre und in neuerer Zeit durch Unfälle in den Kernkraftwerken in Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) bedingt.

Wo und wie wird Radioaktivität genutzt?

Kernphysikalische Prozesse und Radionuklide werden vor allem zur Stromerzeugung (Atomkraftwerk), in der Nuklearmedizin (z.B. Szintigraphie; Positronen-Emissions-Tomographie (PET); Strahlentherapie) sowie in der Technik (z.B. Materialprüfung; Sterilisation von medizinischen Infusionen und Lebensmittelverpackungen; Keimreduzierung bei Lebensmitteln), in der chemischen Analytik sowie in der Archäologie angewendet. Kohlenstoff-14 wird in der Archäologie z.B. für die Altersbestimmung von Holz, Saurierknochen oder Zähnen genutzt. Einige Staaten nutzen kernphysikalische Prozesse auch zu militärischen Zwecken (z.B. Atombombe).

Warum wird Radioaktivität im CVUA-MEL gemessen? 

Radioaktivität wird in Deutschland routinemäßig in Umwelt-, Futtermittel- und Lebensmittelproben gemessen, um ein Maß für die aktuelle Belastungssituation zu erhalten. Ein signifikanter Anstieg weist darauf hin, dass Radioaktivität freigesetzt wurde. Im Ereignisfall werden viele Proben untersucht um festzustellen, welche Lebens- und Futtermittel verwendet werden können bzw. welche Umweltbereiche wie stark und mit welchen Radionukliden verunreinigt sind. Daraus abgeleitete Erkenntnisse dienen zur Klärung der Frage, welche (Schutz-) Maßnahmen zu ergreifen sind.