Im Sommer flutete die Welle, Armbänder aus Gummiringen zu knüpfen, über Deutschland herein. Obwohl fast alle Bänder unangenehm nach Chemikalien rochen, verbrachten viele Kinder ihre Sommerferien damit, Armbänder und kompliziertere Kunstwerke aus ihnen zu häkeln. Verbraucher, Verbraucherverbände und die amtliche Spielzeugüberwachung fragten sich besorgt, welche chemischen Substanzen den Bastlern wohl mit dem Geruch zu Kopf stiegen.

Aus diesem Anlass wurde im CVUA-MEL im September/Oktober 2014 eine Serie Loom Bands (19 Proben) unterschiedlicher Hersteller untersucht.

Vier der Proben bestanden aus Silikonkautschuk und die übrigen 15, von denen sechs nicht rechtskonform gekennzeichnet waren, aus Styrol-Butadien-Kautschuk.

Als auffälligster Befund aus einer Vielzahl von Untersuchungen waren bedenkliche Gehalte an Mineralöl in Proben aus Styrol-Butadien-Kautschuk zu verzeichnen. Die Bänder aus Silikonkautschuk waren dagegen in einem Screening unauffällig. Diese Unterschiede sind aufgrund der produktspezifischen Eigenschaften dieser Kautschuktypen nicht überraschend (1): Während Styrol-Butadien-Kautschuke meist mit Paraffinölen weichgemacht werden, benötigen Silikonkautschuke keine Weichmacherzusätze.

Über Mineralöl (bestehend aus aliphatischen Kohlenwasserstoffen (MOSH) und aromatischen Kohlenwasserstoffen (MOAH)) wurde in den letzten Jahren seitens der amtlichen Lebensmittelüberwachung, der Kartonindustrie und der Lebensmittelbranche bereits heftig diskutiert, weil z.T. erhebliche Übergänge aus Lebensmittelverpackungen in Lebensmittel, wie z.B. Schokolade und Nudeln, nachgewiesen wurden.

Loom Brands

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schreibt, die genaue Zusammensetzung der MOAH-Fraktion sei nicht bekannt. Zu der komplexen Mischung aus überwiegend alkylierten aromatischen Kohlenwasserstoffen könnten auch krebserzeugende Substanzen gehören. Für derartige Stoffe gilt das ALARA-Prinzip (as low as reasonably achievable). Zur Minimierung der Übergänge auf Lebensmittel ist eine nationale Verordnung in Vorbereitung.

Beide Kohlenstofffraktionen waren in den Loom Bands aus Styrol-Butadien-Kautschuk im Prozentbereich, das sind weit höhere Konzentrationen als in verpackten Lebensmitteln, vorhanden:

MOSH 23,0 - 40,1 g/100 g
MOAH 0,3 - 3,5 g/100 g

Aufgrund der Höhe der Befunde wird davon ausgegangen, dass die Ringe aus Styrol-Butadien-Kautschuk mit preiswerten Weichmacherölen auf Mineralölbasis, die einen Aromatenanteil enthielten, weichgemacht wurden. Da Kohlenwasserstoffe bis C25 einen merklichen Dampfdruck besitzen, wird ein mit den Loom-Bändern spielendes Kind auch einen Teil der kritischen aromatischen Substanzen über die Atemluft aufnehmen.

Weiterhin kommen beim Häkeln Teile der Hände und beim Tragen der gehäkelten Armbänder die Unterarme mit den Gummiringen in Kontakt. Von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), die den MOAH in ihren Eigenschaften sehr ähnlich sind, weiß man, dass diese gut durch die Haut penetrieren. Somit ist auch bei den MOAH von einer dermalen Exposition auszugehen.

Da ein Kind meistens lange Zeit an den Armbändern häkelt und diese lange trägt, ist eine Aufnahme von aromatischen Kohlenwasserstoffen in gesundheitlich relevanten Mengen wahrscheinlich.

Loom Bands aus Styrol-Butadien-Kautschuk, die mit Weichmacherölen auf Mineralölbasis mit Gehalten an aromatischen Kohlenwasserstoffen weichgemacht wurden, sind daher im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes zum Spielen nicht zu empfehlen.

Wie bereits angemerkt, wiesen fast alle Bänder einen unzumutbaren Geruch auf, was für Spielzeug nicht erwünscht ist. Während die Bänder aus Silikonkautschuk hauptsächlich nach Desinfektionsmitteln rochen, wurden die Geruchseindrücke der Bänder aus Styrol-Butadien-Kautschuk als stechend, nach Lösungsmitteln, nach Ruß und nach Kunststoff und in einem Fall als stark parfümiert beschrieben. Trotz dieser Vielfalt unangenehmer Gerüche waren in den Bändern chemisch keine weiteren Auffälligkeiten, die zu ahnden gewesen wären, feststellbar.

Das Untersuchungsspektrum umfasste weiterhin:

- Weichmacher (Phthalate)
- Schwermetalle
- Lösungsmittel und Chlorphenole in den Migraten gemäß DIN EN 71-9
- flüchtige Silikonbestandteile
- Linalool und andere allergene Duftstoffe (in der stark parfümiert riechenden Probe)
- Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe
- polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Der mit Abstand höchste Wert der Summe der krebserregenden PAK (gemäß REACH-VO 2)) von 0,33 mg/kg liegt unter dem künftigen Grenzwert 2) von 0,5 mg/kg. Laut der Stellungnahme Nr. 032/2010 des BfR vom 26. Juli 2010 wäre allerdings die Beschränkung an krebserregenden PAK in Spielzeug auf 0,2 mg/kg wünschenswert.

1) Wolfgang Frede (Hrsg.): Handbuch für Lebensmittelchemiker; S. 962-963; Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010
2) REACH-VO: Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Zulassung, Bewertung und Beschränkung chemischer Stoffe